Dienstag, 10. Dezember 2013

Wer bin ich und wenn ja, wer räumt die Küche auf?

Über drei Monate sind schon ins Land gezogen seit dem verhängnisvollen Tag, als ich das erste Mal australischen Boden betreten habe. Ich, schon mein Leben lang gebrandmarkt als Einzelkind hatte von heute auf Morgen vier neue Geschwister.
Doch wäre ich nur Schwester geworden, hätte ich glaube ich eine sehr, sehr entspannte Zeit gehabt. Spielen, ab und zu mal jagen lassen und so richtig schön streiten!

Als Au Pair ist man aber im entferntesten Sinne wie Dr Jekyll und Mr Hyde. Ich bin tatsächlich große
Schwester und Spielkamerad, aber da gibt es dann auch noch die dunkle, böse Autoritätsperson in mir, die sich immer dann zeigt, wenn sämtliche Eltern aus dem Haus sind und ich zum Oberbefehlshaber mutieren muss. Meine Hauptaufgabe besteht dann gefühlter maßen aus rummeckern. Rummeckern, wenn die TV und Computerzeit trotz Timer in die Länge gezogen wird, rummeckern, wenn die zugeteilten Aufgaben nicht erledigt werden, meckern, wenn sie erledigt werden (weil meist nicht ordnungsgemäß) und so weiter.
 Bei Kindern ist es nun einmal so, dass sie eine Spur der Zerstörung hinterlassen, jedes bespielte Gebiet wird mit viel Hingabe in eine Todeszone verwandelt, die nicht betreten werden kann ohne dass man sich an einem Playmobilpferd den Fuß aufschlitzt oder dass man auf einem Carrera-Auto ausrutscht. Also müssen wieder alle Täter aufwändig rekrutiert werden um das Chaos zu beseitigen.

Und gerade dieser Spagat zwischen Buhmann und Spaßmensch ist wirklich schwierig zu meistern. Denn wenn zu viel Spaß herrscht und ich wie ein Rindvieh durch den Garten gejagt werde um an den Marterpfahl gebunden zu werden, dann ist es anschließend seehr kompliziert den Chef raushängen zu lassen und alle zu zwingen den Tisch zu decken.

Als Au Pair befindet man sich also permanent in einer Identitätskrise, denn nach einer Runde Mr Hyde, habe ich mich auch schon gefragt, 'Bin ich wirklich dieser Mensch?' Wäre ich ein Kind könnte ich mich selbst zu diesen Zeiten nicht so wirklich gut leiden.
Aber die tagtägliche Jonglage zwischen Kinder beschäftigen, das größte Chaos vermeiden etc zehrt schon mal an den Nerven. Manchmal probiere ich sogar noch Kochen dazwischen zu schieben, mit dem Ergebnis, dass ich jetzt weiß, wo sich sämtliche Feuermelder im Haus befinden und mein Gewissen mit dem Ableben eines Mikrowellendeckels und eines Mixers belastet habe. Aber dafür hatte ich noch nie einen Autounfall!!! (Was wahrscheinlich daran liegt, dass Kinder angeschnallt leichter kontrollierbar sind).

Aber jetzt, da meine Au Pair Zeit langsam zu Ende geht, merke ich, dass mir die Kinder schon sehr ans Herz gewachsen sind, auch wenn es manchmal schwierig ist geduldig zu bleiben.
Besonders wenn zusätzlich zu meinen vier Kindern, noch die zwei Nachbarkids M. & M. zum Spielen vorbei kommen. Denn wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dass sich pro zusätzlichem Kind das Chaos verdoppelt!! Denn es sind mehr Leute, die systemfrei sämtliche Kisten ausräumen, das Haus betreten und wieder verlassen und dabei die Türe offen lassen, sodass es sich die gesamte Fliegenpopulation Toorminas in unserer Obstschale gemütlich macht und all das wirkt sich nicht wirklich entspannend aus.

Aber es gibt auch diese unglaublich süßen Momente mit den Kindern, zum Beispiel wenn Julia und Katie aus der Pre-School abgeholt werden und ich merke, wie sie sich freuen mich zu sehen. Oder wenn das Große-Schwester-Ich ausgelebt werden kann und ich mit den Großen Cricket oder irgendwas anderes spielen kann.
Aber das alleralleralleraller...tollste hat sich heute ereignet, als Katie nach dem Essen ihren Teller in die Küche brachte, zurückkam und fragte, was sie sonst noch machen könne. Ich antwortete ihr, dass es gerade nichts zu tun gäbe, aber dass ich es sehr zu schätzen weiß, dass sie helfen wolle. Worauf sie wieder rum erwiderte, dass sie es mag mir zu helfen, weil sie will, dass ich glücklich bin.
Ich verdrückte ein Tränchen und gab ihr eine dicke Umarmung und Katie nuschelte 'I love you, Anna'.
Es gibt wirklich keine schönere Entschädigung für eine gespaltene Au-Pair-Persönlichkeit.

Cheers,

Anna

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Impressionen aus dem Leben eines Au Pairs 1.0




Fenster putzen 

Monday Night Dance-Party 1.0
Immer wenn der Fernseher  läuft..
Alligator 
Erholung 

Es wurde eliminiert.


Monday Night Dance-Party 1.1 

Das schönste Schild wo's gibt auf die Welt 



Mittwoch, 4. Dezember 2013

Advent, Advent ein Gummibaum brennt..

Ja alle Jahre wieder ist es so weit. Ich kann euch vor meinem inneren Auge in euren dicken Wintermaenteln und klobigen Fellschuhen über diverse Weihnachtsmaerkte schlendern sehen, mit einem Glühwein in der Hand und mitten im Gedraenge zwischen dem Bratwurstbude und dem Stand mit Weihnachtspyramiden aus dem Erzgebirge und spätestens, wenn man dem Krampfader-Geschwader vor einem in die Hacken läuft weil, es den Holländern oder Japanern mit identischen Fellmützen hinter einem nicht schnell genug geht, weiß man, es weihnachtet sehr. Aber das gehört halt dazu, ebenso wie der Schneematsch, der einem die Weihnachtszeit versüßt, statt dem Winterwunderland, von dem man den ganzen Herbst geträumt hat.

Ich mache es dieses Jahr ein bisschen anders, den Schnee ist hier nicht so in und Weihnachtsmaerkte habe ich auch noch keine besucht, den dieses Jahr steht der Dezember unter dem subtilen Motto "Weihnachten bei 30 Grad".

Da ist es für mich trotz Adventskalendarbasteln und Pfeffernüssen schwierig in Weihnachtsstimmung zu kommen, wenn ich hier an einem Tag mehr Sonne abbekomme, als in einem Monat Hochsommer in Wermelskirchen...

Vor ein paar Tagen hatte ich dann meinen ersten Weihnachtsheimwehmoment. Meine Gastmutter feierte Geburtstag, es gab Waffeln mit heißen Kirschen und roch im ganzen Haus nach Zimt und Vanille. Plötzlich war ich wieder fünf und backte mit meiner Oma Plätzchen. Man weiß erst dann, wie schön es tatsächlich war, wenn es vorbei ist. Also Omi, nächstes Jahr bin ich wieder am Start!


Aber ich muss sagen, bei strahlendem Sonnenschein "Jingle Bells" zu singen hat definitiv auch was!
Auch sonst haben die Australier 'Christmas' ein bisschen adaptiert, so kann Santa sich zum Beispiel nicht nur durch seine Rentiere herumkutschieren lassen, sondern ist auch ein begnadeter Surfer! Jap-Weihnachten Down Under ist eine Umstellung.


HoHoHo

Am besten ist es tatsächlich, wenn Weihnachten ganz klassisch mit den Leuten gefeiert wird, die einen schon sein Leben lang nerven- FAMILIE.
Denn auch wenn es meistens nicht so idyllisch und besinnlich bleibt, wie alle gehofft haben, weil sich mindestens einer immer daneben benimmt, weil irgendwas anbrennt und weil alle zu lange zu eng auf einander hocken, Weihnachtsfeiern sind der Stoff aus dem Legenden gemacht werden, die in hundert Jahren im Altersheim- Pardon, Seniorenresidenzen von Schaukelstuhl zu Schaukelstuhl zum Besten gegeben werden. Denn alles was später mal von unserem Leben übrig bleibt, sind die Geschichten, die wir erzählen können, die müssen nicht immer gut sein, aber Hauptsache, man hat was zu erzählen.

Cheers,

Anna

(So und jetzt für alle, die es interessiert, wie sich Weihnachten Down Under irgendwie anfühlt!)
                                       


                                           

Dienstag, 3. Dezember 2013

Kängaaaaaruuuuuuuh !

Es gibt sie. Diese Momente, in denen ich plötzlich realisiere: Oh, du bist ja tatsächlich in Australien
Und das ist jedes Mal überwältigend.



Sonntag, 1. Dezember 2013

Das Auto & Ich

Wer mich gut kennt, der weiß, dass ich einiges ganz gut kann-aber Autofahren gehört definitiv nicht dazu.

Ich frage mich noch bis heute wie ich eigentlich meine Führerscheinprüfung beim ersten
Mal bestanden habe, an meinen 'driving skills' lag es nämlich nicht, sondern es hat eher etwas mit Glück zu tun, wenn eine
Ampel just in dem Moment auf grün wechselt, wenn man sie erreicht.
Ich wäre auch bei rot drüber gefahren, weil ich sie eiskalt übersehen hätte.

Hier in Australien hatte ich gar keine Wahl,als mich langsam mit dem Gedanken vertraut machen, dass ich zwangsläufig Autofahren musste, da meine Gastmutter anfing fünf Mal pro Woche halbtags zu arbeiten und irgendjemand die beiden Großen vom Busstop abholen muss. Mir blieb also nichts anderes übrig, als mich mit dem Auto anzufreunden. Jetzt muss ich dazu sagen, das Auto ist kein schnuckeliger Fiat Punto oder ein Citroen Saxo mit dem ich zuhause immer rumgekurvt war, sondern riesengroßer Monstervan in weiß! Ich hatte definitiv Respekt, aber glücklicherweise sind die Straßen hier etwas breiter und es gibt Parkplätze im Überfluss, sodass ich mir keine Gedanken darüber mache ob ich jetzt exakt in einer Parklücke stehe, sondern kann guten Gewissens auch mal zwei blockieren.
Das Schätzchen
Brumm Brumm 

Aber war ich wirklich schon bereit für den Straßenverkehr Down Under und war der auch schon bereit für mich? Es gab zwei Dinge, um die ich mir Sorgen machte. Die erste Sache- das Links-fahren- erwies sich eigentlich als recht einfach. Das zweite waren die Kreisverkehre. Denn die sind nicht so gemütlich, wie die in Deutschland, sondern bestehen aus 2+ unendlich Spuren und da kann's schon mal ein bisschen hektisch werden.

Was soll ich sagen?
Bis jetzt bin ich hier unfallfrei!
Ich lasse mich zwar zwischendurch mal anhupen oder werde böse angeschaut, wenn ich so durch die
Gegend fahre, aber bis jetzt ist war ich noch keine wirkliche Gefahr für mich selbst oder andere. Erfolg!


Ich glaubte wirklich, ich und das Auto wären Freunde geworden, bis es mich dann im Stich ließ und einfach nicht mehr fahren wollte. Glücklicherweise passierte das Ganze auf einem Parkplatz- nicht auf dem Highway und ebenso glücklich war der Umstand, dass sich ganz in der Nähe eine
Autowerkstatt befand, die ich zu Fuß erreichen konnte.
Ich hatte schon mit meiner Gastmutter telefoniert und sie rief in der
Werkstatt an und warnte vor, dass da gleich jemand kommen würde, der keine Ahnung und ein
Problem hatte.

Ich also in die Werkstatt rein und mit Mechaniker wieder raus, den ich zu dem Problemkind führen sollte. Da fingen die Peinlichkeiten schon an, als er mich fragte, was für ein Auto es denn wäre. Ich antwortete 'ein Weißes', was eine sehr präzise Antwort ist, wenn der Parkplatz mit weißen Autos gepflastert ist, aber wir haben es dann doch gefunden. Und das Problem dann ebenfalls- ich trug meinen Teil dazu bei, indem ich erklärte welche Bildchen aufgeblinkt hatten (das wusste ich nämlich)- es lag an der Batterie, die ausgetauscht werden musste. Ich weiß nicht wie, aber der Typ brachte das Auto wieder zum laufen, damit wir um die Ecke in die Werkstatt fahren konnten. Das Auto brummte wieder friedlich vor sich hin, bis ich kam den Autoschlüssel vollen Elans wieder umdrehte und es wieder zum Schweigen brachte. Der arme Mechatroniker musste wieder aussteigen und dasselbe Wunderwerk nochmal vollbringen.

Glücklicherweise sind Australier ja alle tiefenentspannt und reagierte auf meine beschämte Entschuldigung lässig mit meinem 'No Worries'. Ich bat ihn auch keine Kommentare zu meinen Fahrkünsten zu machen und betete, dass ich mir nicht noch einen Faux-Pas leistete. Alles lief glatt, ich fuhr wie Sebastian Vettel beim grossen Preis von China.

In der Werkstatt selbst ging dann alles recht schnell. Akku raus-neuer Akku rein und schliesslich durfte ich wieder wegfahren. Einfach gesagt aber die Umsetzung war ein bisschen schwieriger für mich. Ich rangierte einige Minuten lang mit meinem weissen Ungetüm hin und her, vor und zurück und leider nicht besonders effektiv, bis sich dann schliesslich ein Automechaniker meiner erbarmte und mich umständlich heraus lotste.
Ich bedankte mich artig und hatte das Beduerfnis seinen Eindruck von den Deutschen als Autofahrern zu revidieren, deswegen verabschiedete ich mich mit den Worten "Not all Germans are bad at driving cars".
Ich hoffe wirklich, dass wir uns nie wieder sehen!